Wer hat die Überlieferungen Ostroms manipuliert?

Konstantin VII. Porphyrogenitos
     (905 - 959 uZ.):

Obgleich illegitimer Sohn von Leo VI. wurde er im Purpurgemach des kaiserlichen Palastes in Konstantinopel zur Welt gebracht. Im Alter von sieben Jahren bestieg er den Thron unter der Regentschaft von Nikolaus I., aber erst 944 ergriff er die Macht, nach der Abdankung seines Stiefvaters Romanos I. Die lange Zeit im Wartestand nutzte Konstantin zur Verfeinerung des byzantinischen Hofzerimoniells, sowie auch zu wissenschaftlicher Arbeit: 

Porphy

Er verfasste u.A. eine Biografie über Johannes Chrysostomus, den Stadt-Heiligen von Konstantinopel, sowie die nur für seinen Sohn bestimmte zweibändige Schrift De administrando Imperio. Deren Darstellung weicht allerdings an etlichen Stellen von der gewohnten historischen Überlieferung ab: Ihr zufolge wären zB. die Kaiserin Irene (†803), der Feldherr Narses (†574) sowie Papst Zacharias (†752) Zeitgenossen gewesen.

Im Rahmen einer Schriftreform ließ Konstantin die mittlerweile angeblich unlesbaren Texte der Antike in die Griechische Minuskel umkopieren. Die Originale wurden wohl vernichtet. Dies hätte ihm natürlich auch die unauffällige Möglichkeit geboten, die alten Schriften im Sinne der Staatsdoktrin zu bereinigen und zu ergänzen:

Die Geheimgeschichte des Prokopius von Cäsarea stellt zB. die Forscher seit je vor ein Rätsel. Ihr Verfasser hätte ja lebensmüde sein müssen, ein solches Machwerk zu Lebzeiten seiner Protagonisten zu verfassen. Und welchem Zweck sollte es überhaupt dienen?
Immerhin schloss es jede mögliche Verwechslung zwischen dem dort als Scheusal charakterisierten Justinian und dem guten christlichen Kaiser Theophilos, sowie auch zwischen deren gleichnamigen Ehefrauen aus. Justinian wurde darin sogar die Schuld für die Zerstörung vieler großer Städte durch eine Naturkatastrophe gegeben.
Könnte hier der Schlüssel für die Entstehung dieses Machwerks liegen? Wohl jedem Einwohner Konstantinopels war bekannt, dass die Kaiser einst in Rom geherrscht hatten, bis eine gewaltige Katastrophe die Infrastruktur Roms und der meisten Städte des Reichs zerstört hatten. Auch der Kaiserhof musste die Stadt Rom verlassen. Byzanz und sein äußerer Hafen waren ebenfalls getroffen worden. Insgesamt bot diese Stadt jedoch einen besseren Schutz als Rom, sodass sich viele der alten Oberschicht entstammende Romäer und schließlich auch der Kaiserhof dort ansiedelten.

Zur Zeit Kaiser Theophilos lag dieses Ereignis allerdings schon drei Jahrhunderte zurück. Durch die Gleichsetzung der griechischen und der christlichen Zählung fiel es nun in die Regierungszeit Justinians. Und vor jenem hätten somit schon etliche weitere Kaiser in Konstantinopel regiert.

Prokopius berichtet auch von der Entstehung der Gesetzessammlung Justinians, die durch den Juristen und Quästor Tribonianus zusammengestellt worden war. Jener war schließlich 542 CE an der Pest gestorben. Das gleiche Schicksal hatte anscheinend 253 AD auch den Konsul und späteren Kaiser Trebonanius Gallus ereilt.

Die Geheimgeschichte durfte natürlich nicht in Widerspruch zu den älteren Überlieferungen stehen, wie zB. der Historia Augusta. Waren dort Hinweise auf die gewaltige Naturkatastrophe zu finden, so mussten sie entfernt werden. Alexander Severus hatte als Letzter in Rom regiert und die Stadt wohl im Herbst des Jahres 235 verlassen. Unter den Vorzeichen seines Todes sind umstürzende Lorbeer- und Feigen-Bäume erwähnt.
Von Alexanders Nachfolger Maximinus Thrax ist überliefert, dass er mit erbarmungsloser Grausamkeit die staatliche Ordnung aufrecht zu halten versuchte. Zudem ließ er im ganzen Reich die Meilensteine wieder aufrichten...

Auch sonst gibt die Historia Augusta den Historikern Rätsel auf: Durch seine vielen offenkundigen Anachronismen ist das Werk in weiten Teilen unglaubwürdig. Aber warum wurde es dann überhaupt verfasst? Die Biografie Kaiser Aurelians gleicht mehrfach jener des frühen Kaiser Augustus. An Stelle von Kleopatra wäre deren späte Nachfahrin Zenobia (beide Namen bedeuten 'Zier des Vaters') besiegt und im Triumph durch Rom geführt worden. Da Augustus auf den Bau einer Stadtmauer zum Schutze Roms verzichtet habe, hätte Aurelian dies drei Jahrhunderte später nachgeholt (und die Mauer quer durch die Rennbahn und Tribünen des Circus Varius geführt). Schließlich wäre Aurelian wohl aus nichtigen Gründen ermordet worden. Der Senat hätte die Damnatio Memoriae
verfügt, diese allerdings nach einigen Wochen wieder aufgehoben und Aurelian nun zum göttlichen Wesen erklärt.

Eine weitere Beobachtung festigt den Verdacht gegen Konstantin VII.: Allzu ähnlich erscheinen auch die Überlieferungen zu den späten Jahren der Kaiser Herakleios und Romanos I. (dem Vorgänger Konstantins): Beide hatten vernichtende Niederlagen im Kampf gegen die Moslems erlitten und sich (640
AD bzw. 944 CE) als gebrochene Männer geweigert, den Bosporus zu überqueren und in ihren Palast in Konstantinopel heimzukehren.
 

...Aber wer könnte die Zählung der römischen Kirche verfälscht haben?
 Mehr dazu...

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Quellen:
Alden A, Mosshammer, 2008, The Easter Computus and the Origins of the Christian Era
http://ixoyc.net/data/fathers/524.pdf
Nikolaus A. Bär: Chronologie und Kalender, 2011 http://www.nabkal.de/osterstreit/anhang/dionysius_3.html